

Was waren das doch für unvergessliche Tage und Nächte während der Fußball-WM 2006 in Deutschland. Und mittendrin im Sommermärchen: Melissa Joos. Damals knapp 15 Jahre alt, für den TV Echterdingen am Ball und total fasziniert von dem rasanten Spiel. Nun, fast zehn Jahre später, wurde Melissa Joos am Mittwochabend bei der Ehrenamtsgala des Württembergischen Fußball-Verbandes (WFV) in der „Zentrale des Glücks“ von Toto-Lotto in Stuttgart ausgezeichnet. Als Schiedsrichterin, denn die Kickstiefel hat sie längst an den Nagel gehängt.
Der pure Zufall ließ Melissa Joos in die erfolgreiche Karriere an der Pfeife stolpern. Sie besuchte die Fußballmesse „Fair Play“, die wenige Tage vor Beginn der WM 2006 auf dem Stuttgarter Killesberg stattfand. Am Informationsstand des WFV, der unter anderem Kurse für Referees anbot, blieb sie hängen. „Ganz spontan habe ich mich für einen Lehrgang angemeldet“, erinnert sich die 24-Jährige. Anpfiff beim Sommermärchen.

Joos hat einen vollen Terminkalender
Um immer auf der Höhe des Balles zu sein, investiert Melissa Joos viel. Ein Blick in ihren übervollen Terminkalender zeigt: Es gibt kaum ein Stündchen Freizeit. Montags ist Schiedsrichtertraining auf dem Platz des VfL Stuttgart, jeden Donnerstag joggt sie mit ihrer Betriebssportgruppe zwölf Kilometer, im Winter geht es zudem ins Fitnessstudio, nebenbei Lehrgänge, Analysen der Spiele, Unterstützung des Schiedsrichterinnennachwuchses und Reisen am Wochenende quer durchs ganze Land zu den Spielen. Da bleibt viel Zeit auf der Strecke. Und das alles macht sie neben ihrem Vollzeitjob als Elektroingenieurin. „Melissa Joos ist ganz sicher mehr auf dem Fußballplatz als bei sich zu Hause“, sagt Heinz Mayer vom Bezirk Stuttgart.
Für sie ist das alles kein Problem, sondern nur eine Frage der Organisation. Schiedsrichterin zu sein gibt Melissa Joos viel – und hat auch etliche Vorteile. „Man hat immer ein wenig Zeit, sich die jeweiligen Städte anzuschauen, das macht Spaß“, erzählt sie. Dass durch die Schiedsrichterei das Selbstbewusstsein gestärkt wird, dass man mit Kritik umzugehen lernt und ein gewisses Kommunikationstalent nicht schadet, sind Nebeneffekte, die sich nicht missen will. „Bei 22 völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten auf dem Platz muss man ein gutes Gespür für Menschen haben und jeden anders anpacken. Und das formt einen“, sagt die 24-Jährige, die sich auch von ihren Vorbildern, den ehemaligen Fifa-Schiedsrichtern Markus Merk und Christine Baitinger, einiges abgeschaut hat: „Das sind starke Persönlichkeiten.“
Wie weit der Weg für sie noch nach oben führt, weiß sie nicht. „International zu pfeifen, das wäre super. Ich nehme mit, was möglich ist, und gebe dafür mein Bestes“, sagt Melissa Joos. Wer weiß, vielleicht gibt es für sie ja noch einmal ein Sommermärchen.