Calcio-Machtdemonstration mit verbalen Spitzen

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Derby-Sieg für Calcio
Derby-Sieg für Calcio
Derby-Sieg für Calcio
Der Fußball-Verbandsligist Calcio Leinfelden-Echterdingen fertigt seinen Ortsrivalen TV Echterdingen mit 5:0 ab. Nachdem für den Favoriten eine unerwartete zusätzliche Motivation vorausgegangen ist, wird es beim Gegner vor allem für einen Spieler ein schwarzer Abend.
EchterdingenEine Volksweisheit empfiehlt: Eine Nacht über den Dingen schlafen, dann sieht die Welt schon wieder anders aus. Und mag sein, dass das in manchen Fällen auch funktioniert – dummerweise aber nicht in allen, wie man bei den Verbandsliga-Fußballern des TV Echterdingen inzwischen weiß. Was mit dem Abstand einer Mütze Schlaf besser geworden ist? Die Antwort lautet: nichts. Auch am Tag danach drückte der Frust bleischwer aufs Gemüt und klingelte es dem eigenen Anhang schmerzhaft in den Ohren.
„Goal! Goal! Goal! Tor für unsere Azzurri!“ So war es immer wieder aus den Boxen gedröhnt, am Ende fünfmal. Und eben am Ende stand am Mittwochabend dann ein Resultat, das unter den rund 800 Zuschauern, die ins Nasskalte des Sportparks Goldäcker gekommen waren, keiner so schnell vergessen dürfte, unabhängig davon, mit welcher Seite er es hält. 5:0! Fünf für Calcio Leinfelden-Echterdingen, null für den TV Echterdingen. Kawumm, Paukenschlag. Noch nie zuvor wurden in dem Prestigeduell die aktuellen Kraftverhältnisse deutlicher demonstriert. Und kaum klarer hätte aufgezeigt werden können, wie es momentan überhaupt um die sportliche Situation der beiden seit jeher in ortsintern knurriger Rivalität verbundenen Kontrahenten bestellt ist.
Während die Blauen mit ihrer gezeigten Leistung und dem nun zweiten Tabellenplatz die eigenen Spitzenambitionen untermauern, sind die Gelb-Schwarzen unverändert Vorletzter – spätestens seit diesem Spieltag mit der Gewissheit, dass es zum angepeilten Klassenverbleib ein langer und schwieriger Weg werden dürfte. „Wir sind mega enttäuscht“, befand ein bedröppelter Coach Antonino Rizzo. Erkenntnis für ihn und den Verein: Der durch den Trainerwechsel erhoffte Sofort-Push ist ausgeblieben. Zwei Rizzo-Spiele, nur ein Punkt. Vor dem Kellerduell an selber Stätte am Sonntag mit dem FV Biberach stehen Rizzo und die Seinen bereits mit dem Rücken zur Wand.
Einstweilen zeichnete sich frühzeitig ab, dass aus dem Vorhaben, das Derby zu Initialzündung zu gestalten, nichts werden wird. Nicht zuletzt, weil bei den „Gästen“ vor allem einer einen schwarzen Tag erwischte. Die Schlüsselszenen: Erst missriet Steffen Schmidt ein Rückpass auf seinen Torhüter. Mit den Stollen sei er im Rasen hängen geblieben und habe deshalb „keinen Druck mehr auf den Ball gebracht“, erläuterte der 31-Jährige. Der Calcio-Torjäger Luan Kukic bedankte sich als lachender Dritter und schob die Kugel zum 1:0 ins leere Gehäuse. Dann, nach der Pause, musste sich derselbe Schmidt nach Fehlern seiner Teamkollegen zweimal als Feuerwehr betätigen. Genauer gesagt: Er versuchte es. Beim notgedrungenen Risiko-Einsatz brachte er jeweils Calcios Außenbahn-Sprinter Joao Victor Schick zu Fall. Machte zweimal Gelb, also Gelb-Rot.
Fortan in Unterzahl, nahm das Verhängnis für den Aufsteiger vollends seinen Lauf. Zuvor schon hatte Schick, der mit seinen Tempoantritten durchgängig kaum zu halten war, erhöht. Danach schraubten nochmals Kukic, Bleron Visoka sowie Mikail Arslan per Foulelfmeter weiter am Ergebnis. Goal, goal, goal.
Freilich, allein beim Unglücksraben Schmidt die Ursachen zu suchen, ginge am Thema vorbei. So offenbart bereits dessen Einsatzbereich ein tiefer gehendes Problem. Verpflichtet worden war der Routinier als Verstärkung fürs Mittelfeld, nun muss er mangels tauglicher Alternativen auch unter Rizzo als Innenverteidiger ran. „Ich habe gesagt, dass ich mich da in den Dienst der Mannschaft stelle. Aber ich denke, jeder weiß, dass das nicht meine Wunschposition ist“, sagt Schmidt selbst.
Und dann war da, und das in aller Offensichtlichkeit, halt auch noch ein anderer Aspekt. Nüchtern festzustellen, auch wenn es beim TV Echterdingen schmerzt: Der Ortsrivale ist schlicht mit der größeren Qualität unterwegs. Da lügen weder Papier noch Tabelle. Unter dem Strich ergab sich für den Favoriten ein Punktsieg in allen Bereichen. Mehr Ballsicherheit. Mehr Spielfluss. Mehr Kreativität. Mehr Durchschlagskraft. Und, ja, auch ein Mehr an Entschlossenheit. Den Willen, dieses Ortsduell zu gewinnen, signalisierte der Titelanwärter schließlich mit jeder Körperfaser. Für eine noch zusätzliche Motivation hatte ein Vorfall des Abschlusstrainings gesorgt. Sauer aufgestoßen war den Italo-Schwaben, dass ihr montäglicher Stammplatz auf dem Kunstrasen überraschend bereits belegt war – nämlich von der zweiten Mannschaft des Gegners.
Ein Versehen? Oder Absicht? Ein Schelm, wer Böses denkt. Für den Calcio-Sportdirektor Ioannis Tsapakidis hatte es jedenfalls „ein bisschen Beigeschmack“. Und vielleicht auch deshalb mochte sich sein Trainer Francesco Di Frisco eine verbale Spitze nicht verkneifen. Ein Wort zu seinem Matchwinner Schick? „Als Nachbarverein hätte man eigentlich informiert sein müssen, dass er schnell ist“, war der Kommentar.
Ansonsten hält sich Di Frisco bei aller Siegfreude mit Ansagen lieber zurück. „Vergangenes Jahr waren wir zum gleichen Zeitpunkt sogar Erster“, erinnert er – „und am Ende dann lediglich Sechster.“ Sprich: Noch ist nichts gewonnen. Nur das Derby.
Wobei: was heißt „nur“? Was Calcio betrifft, hat eine Nacht Schlaf über den Dingen ebenfalls nichts geändert. Es fühlte sich auch am Tag danach noch super an.
Calcio Leinfelden-Echterdingen: Bozatziolou – Vidic, Pranjic, Zweigle, Ribeiro – Seemann (68. Kajan), Parharidis – Schick (59. Arslan), Pepic (72. Capar), Visoka (75. Rangelov) – Kukic (72. Potsou). TV Echterdingen: Becker – Miller, Kuhn, Schmidt, Bey – Handanagic (59. Ajvazi), Farnerud (88. Kekic), Bulut (65. Vran), Pirracchio (77. Zogaj) – Deutsche (78. Karthein) – Celiktas.